Weiterbetrieb am bisherigen Praxissitz entscheidend

Das Sozialgericht Marburg (SG) hat geklärt, welchen Argumenten zweier Bewerber für eine Praxisnachfolge der Vorzug zu geben ist. Im Streitfall konkurrierte ein Facharzt mit einer erfahreneren Kollegin, die die Praxis jedoch nicht übernehmen wollte.

Eine Ärztin der Inneren Medizin, die seit 2006 auch den Schwerpunkt „Kardiologie“ führen durfte, bewarb sich neben einem Mitbewerber um die Praxisnachfolge in den Vertragsarztsitz eines verstorbenen Facharztes für Innere Medizin. Sie wollte die Praxis aber nicht weiterführen, sondern an den 300 m entfernten Standort ihrer Gemeinschaftspraxis verlegen, um die Patienten in unmittelbarer Nähe zum alten Standort weiter zu versorgen. Neben ihrer besseren beruflichen Eignung führte sie auch Versorgungsgesichtspunkte an (z.B. den behindertengerechten Zugang zu ihrer Praxis). Zudem seien die Räume des Vorgängers in einem desolaten Zustand. Die Erbengemeinschaft bevorzugte jedoch den Mitbewerber, der die Praxis weiterführen wollte.

Laut SG kann nur ein Bewerber ausgewählt werden, der die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen möchte. Das setze voraus, dass der Nachfolger auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln möchte.

Lässt der Zulassungsausschuss einen Praxisnachfolger etwa fünfeinhalb Monate nach dem Tod des Inhabers zu, kann aufgrund dieser kurzen Zeitspanne ohne Praxisbetrieb noch nicht vom Fehlen eines Praxissubstrats ausgegangen werden. Somit sind Ärzte, die den Weiterbetrieb der Praxis am bisherigen Praxissitz gewährleisten können und wollen, konkurrierenden Bewerbern vorzuziehen. Vor diesem Hintergrund verlor die Ärztin den Rechtsstreit.

Hinweis: Ein behindertengerechter Zugang zu einer Praxis ist grundsätzlich keine Zulassungsvoraussetzung. Die Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen ist aber bei der Entscheidung für einen Praxisnachfolger ein Gesichtspunkt in einer Reihe zu berücksichtigender Merkmale.